Was bewegt einen Hobbypiloten, Berlin Tempelhof anzufliegen? Zum einen, weil er eine seiner Wurzeln in Berlin hat, zum anderen hat dieser Flugplatz eine Historie wie kein anderer und nicht zuletzt, dieser Flugplatz wird im Herbst dieses Jahres geschlossen.
Nachdem sich vor drei Wochen dann noch ein zweiter Pilot fand, der aus ähnlichen Gründen das Ziel im Auge hatte, mußte nur noch ein Tag gefunden werden, der den Flug ermöglichte. Für ein solches Ereignis wäre da natürlich der 08.08.08 passend gewesen, doch entscheidend in der Fliegerei ist sehr oft das Wetter.
Eine stabile Wetterlage versprach dann der Mittwoch mit viel Sonne und guter Sicht. Die Flugvorbereitungen sind heutzutage mit dem Computer schnell gemacht, die Liste der Gepäckstücke bei einem so kurzen Trip ist kurz und die Vorfreude auf Flug, Landung und Aufenthalt in Berlin steigern sich stündlich.
Um halb Zehn wollten wir starten, um 12 Uhr in Berlin landen, Rückflug war so geplant, daß wir um 18 Uhr wieder zurück in Langenselbold sind. Die "Lady Di" wie der Motorsegler Super Dimona HK36 TTC liebevoll genannt wird, war vollgetankt, das online erstellte Flugplanungsformular von FL95, die Anflugkarten von Tempelhof und benachbarten Flugplätzen an Bord und schon konnten wir starten. Die 395 km lange Flugstrecke wollten wir mit etwas Rückenwind in gut zwei Stunden bewältigen.
Unmittelbar nach dem Start nahmen wir Funkkontakt mit FIS Frankfurt auf. Das Kürzel steht für "FlugInformationsService". Die Controller der FIS geben uns ständig Informationen über den Verkehr um uns herum, sie verfolgen über Radar alle Flugzeuge, die mit ihnen in Kontakt stehen, sind freundlich. Dabei sind Controllerinnen phonetisch besonders gut zu verstehen. Nach der FIS Frankfurt werden wir an Frankfurt Außenbereich, dann an München und zuletzt an FIS Bremen weitergereicht. Dabei werden jedesmal Flugzeug-Kennung und einzustellende Transponder-Codes ausgetauscht, was die Identifizierung und Ortung der an diesem Verfahren Teilnehmenden ermöglicht.
Aus der Höhe in der Linienmaschinen fliegen kannten wir die Strecke ja bereits, doch aus der Reisehöhe von 4000 Fuß MSL, das sind etwa 1200m, hat man einen präziseren Blick auf Landschaft. So überfliegen wir nach Eisenach die Flugplätze Köthen, auf dessen Landebahn derzeit gebaut wird, Dessau im wunderschönen Elbtal und Lüsse, wo gerade die Segelflugweltmeisterschaften stattfinden. Wegen fehlender Thermik stehen alle Segelflieger am Boden und der Wettbewerbstag wurde, wie wir später erfahren, neutralisiert.
Wir melden uns vor dem Pflichtmeldepunkt Whiskey1 zur Landung bei dem Tower auf dessen Frequenz, geben unsere Position, Flugzeugtyp, Startflugplatz an und warten auf die Landeanweisungen. Wir müssen in keine Warteschleife und können die Kontrollzone sofort bei Whiskey1 mit vorgegebener Transpondereinstellung und Höhenvorgabe unter 2500 Fuß einfliegen und entlang des Teltowkanals über Whiskey2 in den Gegenanflug zur Piste 27R fliegen. An Wiskey2 fliegen wir etwas vorbei und werden sofort korrigiert. Vor uns landet ein Jumbolino, sozusagen eine Mini-Ausgabe der Boeing 747, und der Flugleiter warnt uns vor möglichen Wirbeln.
Die offiziellen Funksprechgruppen wollen wir hier nicht wiedergeben. Ohne Probleme setzen wir auf und rollen bis zum Haltepunkt, schalten um auf die Frequenz der Bodenkontrolle, die uns zügig einen "Follow-me-Wagen" schickt, der uns voraus zur Parkposition rollt, wo uns zuletzt sein Kollege zentimetergenau einwinkt. Dann werden wir über die Abfertigungsformalitäten instruiert, wo wir u.a. die Landegebühr zu entrichten und auszuweisen haben und machen uns auf den Weg zum GAT General Aviation Terminal, dem Terminal für Allgemeine Luftfahrt. Dabei machen wir vor und in den Hallen ein paar Bilder und begeben uns zum Haupteingang um eine Taxe zu mieten. Ziel: Brandenburger Tor und dann ein short-trip "Unter den Linden" ins Cafe Einstein, ein kleines Mahl und eine Erfrischung, danach zum Reichstag, Kanzleramt im Regierungsviertel des Spreebogens.
Mit der Taxe wieder zurück, noch schnell ein paar Aufnahmen im Eingangsbereich, weiter zum Einchecken mit obligatorischer Sicherheitsprüfung und wieder zurück zum Flieger. Wir winken ein Tankwagen herbei, der den fehlenden Sprit nachtankt und vor Ort auch gleich kassiert. Nach einem small-talk sind wir so weit. Motor anlassen, Kontaktaufnahme mit Rollkontrolle. Über Rollweg Nord-Ost zum Rollhalt 27R, Transponder auf 7000, QNH 1017, Umschalten auf Turm. Anweisung des Turms: Start frei für Piste 27R, nach dem Start Linkskurve, Ausflug über die Whiskey-Route, nicht über 2500 ft steigen und Ausflug über Whiskey 1 melden.
Abschließend im Abflug noch ein paar Luftaufnahmen von Berlin und Goodbye Berlin. Während mein Kamerad Stefan auf dem Hinweg genauestens Höhe und Kurs gehalten hat, da er ja von der FIS begleitet wurde, zog ich es vor, auf dem Rückweg thermische Gelegenheiten zu nutzen. Alles in allem ein Hochgenuß wie wir einander bestätigten.
Stefan Sauerbier, Heinz-Joachim Pethke